Katherine Gorge - Australia

Erlebnisbericht des bekannten Traverlers John Mabib und seinem Begleiter Marc Katman

Dreitagestour mit dem Kanu durch einen der schönsten Canons der Welt
Facts: 32 km NO von der Stadt Katherine, der western-conection nach Broome und Perth, mit 5000 Einwohnern die drittgrößte Stadt des Northern Territory inmitten des Nitmiluk Nationalparks, liegt eine der schönsten Schluchten dieser Erde - 12 km lang mit 13 Teilschluchten, vom Katherine River in Jahrtausenden in den Felsen gegraben.
In der Trockenzeit plätschert der Fluß dahin, in der Regenzeit wird er zum reißenden Wildwasserstrom mit steil aufragenden Felsen bis zu 65 m hoch, Felsmalereien von Aboriginals (bis zu 7000 Jahre alt), Süßwasserkrokodilen, Wasserfällen, Wallabies (kleine Känguruhs), Goannas (Eidechsen) und viel Natur. Die beste Zeit ist Mai bis Juli.

goanna

Unsere Reise führt meinen Begleiter und mich von Darwin nach Katherine, wo wir das vielgelobte Schluchtensystem erkunden wollen.

Gestärkt durch Känguruh-Steaks und australisches Bier vom Vortag starten wir in den Tag. Wir werden von unserem Hostel abgeholt und zur Bootsrampe gebracht, wo wir nach einer kurzen Gebietseinweisung unser Kanu erhalten samt Ausrüstung mit Paddeln und zwei wasserdichten Boxen. Während einige unerfahrene Touristen noch in die Kunst des Kanufahrens eingewiesen werden, verstauen wir schnell unser Gepäck, das eigentlich nur aus Isomatte, Schlafsack (Zelten ist in der Gorge nicht erlaubt, aber auch nicht nötig), Badetuch, Kamera und Nahrung für drei Tage besteht, geht es für uns schon los - nur mit T-Shirt, Badehose und Joggingschuhen bekleidet. Das Paddeln stromaufwärts wird zur schweißtreibenden Tortur. Die Trockenzeit hat ihre Spuren hinterlassen - es tauchen lange Steinbarrieren der Rapids (Stromschnellen) aus dem Fluß auf, über die wir nun mühsam das Kanu und das Gepäck tragen müssen.

rapids

In der Schlucht ist es extrem heiß; dafür gibt es kaum Insekten. Das kristallklare Wasser ist eine willkommene Abkühlung. Ohne das dauernde Benetzen der Haut wäre es unerträglich in der flußaufwärts immer enger werdenden Schlucht. Die Felsen werden immer steiler und höher. Wir erreichen die Butterfly Gorge - eine Nebenschlucht, in der sich durch ein wenig Vegetation Massen von Schmetterlingen aufhalten. An dieser Stelle der Schlucht hat der Fluß einen rechtwinkligen Verlauf. Die Felswände erscheinen übermächtig - wir mit unserem vergleichsweise winzigem Boot direkt an einer senkrechten Felswand. Der Eindruck wird durch das im Schatten liegende, dunkle Wasser noch verstärkt.

butterfly gorge

Die Tagestouristen sind schon zum größten Teil auf dem Rückweg. Wir paddeln weiter, an den "hängenden Gärten" vorbei bis zu einer weiteren Nebenschlucht mit einem 35m hohen Wasserfall - allerdings leider nicht jetzt, zum Ende der Trockenzeit. Wir verlassen unser Kanu und erklimmen die steile Schlucht bis zu einem Pool. Wir müssen uns den sicherlich atemberaubenden Anblick in der "wet season" nun dazu denken. Aber einmal aus der ungewohnten Sitzhaltung herauszukommen, hat den Aufstieg schon gelohnt. Nun sind wir scheinbar allein in der Schlucht. Es entfaltet sich immer mehr eine wunderbare Stille, die die Mystik dieses Ortes verstärkt, und wir fühlen uns wie Eindringlinge an einem heiligen Ort. Es ist nur noch das eigene Plätschern der Paddel zu hören, hin und wieder das Anschlagen eines Kanus an die Steine der Stromschnellen aus einer entfernteren Gorge.

canoe

Erst gegen Abend werden die Schatten in der Schlucht länger. Was für eine Erholung für die Haut und die Augen. Wir passieren den "Smitts Rock", ein 35m hoher Fels, der während der Regenzeit komplett umspült im Flußbett liegt. Dort sehen wir dann auch zum erstem Mal Süßwasserkrokodile.

smitts rock

sun set

Es wird schnell dunkler. Wir müssen noch einen geeigneten Schlafplatz finden. Also halten wir, ziehen das Kanu auf die Felsen der Stromschnellen und bereiten unser Nachtlager in der Dämmerung. Es ist absolut still. Selbst die vereinzelten Fliegen des Tages sind mit dem Sonnenuntergang verschwunden. Ganz vereinzelt hallt das harte Schlagen eines Paddels anderer Kanuten durch die Schluchten, an den Felswänden reflektiert und multipliziert. Wir liegen erhöht auf einem 20 m hohen Felsvorsprung direkt an einer Steilwand. Die von der Tagessonne aufgeheizten Felsen geben nun ihre Wärme bis spät in die Nacht ab. Die Isomatte dient - einmal anders herum - als Schutz dagegen. Beim Betrachten des sagenhaft klaren Sternenhimmels fallen wir in einen bleiernen Schlaf.

Die aufgehende Sonne weckt uns. Auch sind wieder einige Fliegen da. Wir frühstücken kurz. Schon beginnt es, wieder richtig heiß zu werden. Wir lassen den Hauptteil unseres Gepäcks an unserer Schlafstelle zurück, fahren dann weiter stromaufwärts - nur noch mit einer wasserdichten Box, in der wir die Kameras, Badetücher und die obligatorische Sonnencreme verstauen.

Unsere Karte reicht bis zum Anfang der 10. Gorge, wo uns der weitere Weg durch einen "rock wall" versperrt wird. Dort lassen wir unser Kanu zurück, überwinden die Sperre und durchschwimmen den Rest mit unserer wasserdichten Box, klettern die Schlucht an einem Geröllhang hinauf zu einer Kette von Billabongs. Von dort oben erschließt sich für uns ein atemberaubender Blick in das weitere Schluchtensystem.

outback

Überraschend - nach ein paar Metern in die schier endlose Weite des Outbacks verschwindet die Schlucht. Uns wird da die Warnung der Kanuverleiher anschaulich ins Gedächtnis gerufen, sich stets bewußt zu sein, daß man weit weg von jeder schnellen Hilfe ist. Wir müssen uns unseren Weg also gut merken, was nicht ganz so einfach ist, da die Sonne in der Mittagszeit fast senkrecht über uns steht. Die Luft ist nun extrem trocken, unsere Wasservorräte sind schnell aufgebraucht, die Haut beginnt auszutrocknen. Die vorher nassen T-Shirts sind schon knochentrocken. Sie spenden uns nun keine angenehme Kühle mehr. Also machen wir uns auf den Rückweg zur Schlucht. Auch deshalb, da uns dringend davon abgeraten wurde, uns den Billabongs zu nähern, da sich dort wildlebende Wasserbüffel aufhalten, mit denen - an ihrer einzigen Wasserquelle weit und breit - nicht zu spaßen sei.

Wir sind dann doch ein wenig betrübt, daß wir das Kanu nur für drei Tage gemietet haben; gerne hätten wir die weiteren Gorges erkundet. Jetzt geht es aber doch wieder zurück, und das wesentlich angenehmer, da wir uns eigentlich nur von der Strömung treiben lassen müssen. Das schnellere Vorankommen nutzen wir für einige Badeaufenthalte, nehmen unser restliches Gepäck wieder auf und fahren weiter zurück bis zum "Smitts Rock", dem riesigen Felsblock inmitten des Flußlaufs, der in der Regenzeit zur Insel wird. Dort übernachten wir, genießen noch einmal den außergewöhnlichen Sternenhimmel des Südens mit seinen Milchstraßen, Sternschnuppen und natürlich dem Southern Cross. Kurz nach Sonnenuntergang können wir sogar Satelliten beobachten. Es herrscht wieder eine absolute Stille. Vereinzelt hören wir das leise Trippeln einiger Tiere, die aus dem Outback zum Trinken über die steilen Hänge in die Gorge kommen. Irgendwann in der Nacht schlafen wir dann endlich wieder unter dem australischen Himmel ein.

sun rise katherine gorge

Am nächsten Tag geht es - nach einer frühmorgendlichen Fotosession zum oberen Rand der Schlucht mit einem atemberaubenden Blick in das Schluchtensystem und einem spartanischen Frühstück - weiter zurück, mehr treibend als paddelnd, mit vielen Badestopps.

sun rise katherine gorge

Spät am Nachmittag kommen wir an unserem Ausgangspunkt an. Dort entdecken wir beim Gang zu unserem Pickup-Service einen Bower Bird, der ein Nest in Form eines kleinen Tunnels baut und an beide Eingänge gesammelte weiße Dinge plaziert, um Weibchen anzulocken.

Zurück in unserem Hostel erholen wir uns von der insgesamt doch anstrengenden Tour bei ein paar australischen Bieren aus einem "drive-thru-bottle-shop", einer riesigen Kühlkammer mit Ein- und Ausfahrt. Die Zivilisation hat uns nun endgültig wieder. Nach einer erholsamen Nacht geht es am nächsten Morgen weiter nach Alice Springs.

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